Klaus Hartung 1993 zur Berliner Mitte:
"Solange Berlin geteilt war, konnte die Heimat der Kiez sein. Jetzt
muss der Berliner anfangen,
über die Kiezgrenzen hinauszublicken.
Entweder: er eignet sich die Mitte an, oder sie wird ihm enteignet."
Klaus Hartung, Publizist, Maler, Stadthistoriker
BERLINER
HISTORISCHE
MITTE e.V.
auf dem Weg zur
Wiedergewinnung der
Stadtidentität
Berlin 1280
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Berlin 1652 (Memhard-Plan)
Geschichtlicher Kurzüberblick:
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über 700 Jahre hat Berlin seine Stadtidentität trotz
mehrerer verheerender Stadtbrände über diese Zeit mit
einem immer nur geringfügig veränderten Stadtgrundriss
erhalten können.
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Naziplanungen, Arisierung und Luftkrieg waren die
ersten einschneidenden Eingriffe in die gewachsene
Stadt.
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Die DDR-Staatsachse mit Fernsehturm und Freifläche
haben dann Anfang der 60er Jahre die Stadt zwar an der
Oberfläche samt ihrer Identität beseitigt, ihre Wurzeln
liegen jedoch in Form aller Kelleranlagen der ehemaligen
Grundstücke unter dem Pflaster z.B. die des Hauses von
Moses Mendelssohn (Marienviertel/Heiliggeistviertel)
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Durch den Wiederaufbau des Nikolaiviertels hat die DDR
diesen städtebaulichen Fehler offen eingestanden und zu
heilen begonnen. Dem Viertel fehlt nur die urbane
Verflechtung.
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Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung glaubt, durch
eine "Neubestimmung" der Funktionen des Ortes
zwischen Fernsehturm, Marienkirche, Rotem Rathaus
und Spree und durch eine "Qualitätsverbesserung" und
"Qualifizierung" dieser trostlosen Fläche eine "urbane"
Belebung erreichen zu können.
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Berlin-Mitte aktuell Luftbild
Auf dieser Abbildung sind die Verluste der einstigen Berliner
Mitte deutlich sichtbar.
"Qualifizierung", "Qualitätsverbesserung",
"Funktionsbestimmung" und ähnliche Schlagwörter sind
keine Rezepte zur Heilung von Berlins Mitte.
Rückwärtsgewandt ist nicht die kleinteilige, sondern
sondern die autogerechte Stadt. Mit der Besinnung auf den
alten Stadtgrundriss muss der Verkehrssenator einen
stadtverträglichen Rückbau der maßlosen
Bundesdurchgangsstraßen einleiten, mit Straßenbahnen
ohne Gleisbett.
Der Urban Return ist der einzige Weg zur Wiedergewinnung
der Stadtidentität. Hier kann die Stadtentwicklungsverwaltung
vielerlei Auflagen machen: Hunderte von Wohnungen mit
bezahlbaren Mieten könnten entstehen mit gewerblicher und
kulturell vielfältiger Nutzung der Erdgeschosse.
Noch 1958 hatte Berlin seinen unverwechselbaren
Stadtgrundriss, der über 700 Jahre Bestand hatte. Sämtliche
Kelleranlagen liegen noch unter dem Pflaster der
DDR-Staatsachse.
Nichts liegt deshalb näher, als das Marienviertel und das
Heiliggeistviertel auf diesen historischen Wurzeln zu
reurbanisieren.
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Berlin 1920 Luftbild
Die Wiedergewinnung:
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Der Verein Berliner Historische Mitte und zahlreiche
andere Bürgervereine sind dagegen der festen
Überzeugung, dass nur eine REURBANISIERUNG auf
dem historischen Stadtgrundriss zwischen Nikolaiviertel
und Hackeschem Markt eine lebendige Stadtmitte
schaffen kann, die gleichzeitig eine hohe
Aufenthaltsqualität bietet.
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Diese Wiedergewinnung der Stadtidentität muss mit dem
Wiedergewinn einer Stadtgesellschaft von Stadtbürgern
einhergehen, die dort BEZAHLBAR wohnen, während
im Erdgeschoss der zu errichtenden kleinteiligen Häuser
(Berliner Traufhöhe) Gewerbe, Kleingewerbe, kulturelle
Einrichtungen und die üblichen Wohnfolgeeinrichtungen
etabliert werden (Kitas, Restaurants, Hotellerie, Kneipen,
Schulen).
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Diese kulturell vielfältige neue Stadtgesellschaft an
historischem Berliner Ort ist das wichtige Gegenüber
zum neu errichteten Stadtschloss/Humboldtforum.
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Reurbanisierung ist nicht rückwärts gewandt. Sie
entspricht der internationalen Bewegung des URBAN
RETURN, die die Funktionstüchtigkeit der Europäischen
Stadt in den Fokus stellt (Vgl. Dresden, Potsdam,
Frankfurt a.M.). Der Urban Return ist hoch aktuell.
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Berliner Stadtplan 1958
Die Fertigstellung des Schlosses verlangt nach einer
Komplettierung des Stadtraum-Ensembles durch die
Wiederherstellung der historischen Mitte und die
Bewahrung der Identität.
Die Bürgerstadt Berlin
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Marienkirche, 1884
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Blick vom Alex auf das Marienviertel 1960
Abbildung aus dem Anfang der 60er Jahre.
Marienviertel mit Ruinen und noch bewohnten Häusern.
Rauch steigt aus einem der Schornsteine der verbliebenen
Häuser nach den Kriegszerstörungen. Noch um 1960 war
das Marienviertel ein in seinen Grundstrukturen erhaltenes
Altstadtzentrum mit belebten Häusern und Straßenzügen,
besonders im Bereich der auch abgerissenen Markthallen
an der S-Bahn Trasse.
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Marienkirche 1964
Probst Grüberhaus 1967
Dieses direkt an die Marienkirche angelehnte Haus war eines
der letzten, komplett unzerstörten Häuser, das dem Freiraum
für die DDR-Staatsachse am Fernsehturm zum Opfer gefallen
ist.
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Ausgrabungen vom Oktober 2015
Die archäologischen Ausgrabungen der Kelleranlagen
zwischen Marienkirche und Neuem Markt dokumentieren,
wie dicht diese Kirche von Wohnhäusern umgeben war.
(Vgl. Nikolaikirche) Aktuell werden diese Kelleranlagen
wieder zugeschüttet, um im Zuge der 30 Mio. teuren
"Umfeldverbesserung" um die Kirche den Standort
ehemaliger Häuser mit "Bodenmarkierungen" zu
dokumentieren. Die Senatsverwaltung schafft hier vollendete
Tatsachen unter dem "Hohen Ziel" hier "Zeitschichten"
sichtbar zu machen.Urbanes Leben kann und wird sich unter
diesen Voraussetzungen nicht einstellen.
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Marienkirche, 2015
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Die unten dargestellte Vision zeigt eine Möglichkeit, wie im Bereich Marienkirche/Neuer Markt wieder urbanes Leben einkehren könnte.
Entwurf: Dr. Ing. Helmut Maier, Animation: Philipp Jaedicke
Animation einer der Historie entsprechenden Umbauung der Kirche mit Durchgängen zum Marienkirchhof und Laubengang an der Karl-Liebknecht-Straße. Rechts der Neue Markt.
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Der zur Animation passende Stadtgrundriss mit Umbauung der Marienkirche
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Umbauung der Marienkirche/Überlagerungsplan mit dem Stadtgrundriss 1930
Links: Spandauer Straße 33 das Mendelssohn Haus, das heute auf der Abbiegerspur stünde. Stattdessen gibt es dort ein wenig beachtetes Bodendenkmal für diesen großen Vordenker der Auklärung.
Die Geschichte könnte mit der Wiedererrichtung dieses für Berlin so wichtigen Gebäudes eindrucksvoller erinnert werden.
Gleichzeitug würde im Ensemble mit weiteren Gebäuden die vermisste Urbanität zurückgewonnen.
Weitere Entwürfe:
Schülerentwürfe zur Berliner Mitte:
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